Geschrieben von suppi am 08.07.2010 um 22:39:
Zitat: |
Original von Mulciber
Nun könnte man sagen "du könntest dich ja umbringen", ja könnte ich, aber ich kann es ja auch lassen - das "können" ist kein Argument und am Ende ist alles absurd [...], das absurde Leben geht weiter, weil es weiter geht. |
ich hätt´s besser nicht ausdrücken können.
kraft für den alltag zu finden ist schwer, keine frage - und manchmal scheint es schlicht nicht möglich, weil einfach nichts mehr da ist, aus dem man schöpfen könnte. daran hab ich lange geknabbert, und nicht selten war ich kurz vor´m verrücktwerden. aber eins hab ich gelernt: es ist alles eine frage der einstellung.
wenn man ungeduldig ist, alles auf einmal will und sich über alles aufregt, was nicht ganz so klappt, wie man sich das vorgestellt hat, dann findet man keine ruhe - und man macht sich kaputt damit, man brennt sich förmlich aus.
das andere extrem ist natürlich, einfach gar nichts mehr wirklich wichtig zu nehmen, alles einfach hinzunehmen, was einem passiert. damit lebt man eigentlich ganz bequem - aber es ist auch ein sinnloses, ein unbefriedigendes dasein. wenn nichts einen wert hat, weil nichts einen wert haben darf, weil verlust wehtut, dann hat auch nichts einen sinn. irgendwann guckt man durch alles und alle einfach nur noch hindurch. alles ist ein gleichmäßiges, lethargisches fließen. kraft kann man aus einer solchen einstellung leider nicht ziehen - denn kraft für etwas haben zu wollen hieße schließlich, dass es wert sei, dafür selbige einzusetzen.
ich versuche, aus beiden extremen zu schöpfen. nichts ist wichtig genug, dass man sich ewig drüber fertigmacht. dennoch ist es lebens-wichtig, dass man dinge
will, ziele hat (oder sich welche setzt). um diese zu erreichen, ist es sehr hilfreich, wenn man eben nicht voller enthusiasmus, aber blind voranstürmt, nur um dann schwungvoll auf die fresse zu fliegen, sondern zumindest so viel objektivität behalten kann, dass man das große, tolle, weitentfernte ziel ein bisschen zerpflücken kann, es in kleine ziele, in etappen aufteilt. gelassenheit heißt das zauberwort - die kraft, dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann.
klar ist es wichtig, dass man sich über erfolge und auf ereignisse freut. dafür muss man ggf. eben über den blöden schatten springen, der sich "angst vor verlust/vor´m versagen" schimpft. und man muss lernen, sich über kleine dinge zu freuen, weil sie den weg für größere ebnen. man muss lernen, geduldig zu sein.
wenn man seinen enthusiasmus im zaum hat, ohne ihn zu verlieren, und ihn so umlenken kann, dass man die details im "großen plan" sieht und zu würdigen weiß, dann kann man überall quellen der kraft finden. ein tiefer atemzug, wenn´s frisch geregnet hat. das gefühl von gras unter den nackten fußsohlen. die nachbarskatze, die einem kurz um die beine streicht, bevor sie wieder ihrer wege zieht. die dame am schalter, die einem tatsächlich in die augen sieht und einem ein ehrliches lächeln schenkt, wie es heute so selten geworden ist. ein kind, dass voller staunen und naiver freude lernt, dass wasser nass ist und sich wie von selbst bewegt und glitzert, wenn die sonne drauffällt. kleinigkeiten.
ich hab für mich einen weg gefunden, mehr zu mir selbst zu finden - indem ich mich und meine wahrnehmung bewusst mehr in den fokus stelle. indem ich ab und zu einfach mal innehalte und mich bewusst umschaue. indem ich einfach mal mache, was mir spontan in den kopf kommt, selbst wenn es noch so doof aussieht. indem ich mir ab und zu mal was gönne, etwas kleines, das gar nicht mal viel kosten muss, mir aber ein paar momente freude schenkt.
wenn man viele kleine momente nutzt, um sich selbst etwas gutes zu tun, fangen sie an, sich zu summieren. irgendwann stellt sich fast so etwas wie zufriedenheit ein. und ohne, dass du es bemerkt hättest, hast du viel mehr kraft als früher, traust dir mehr zu, probierst neues aus, nimmst größere herausforderungen an. wenn du sie meisterst, bist du stolz wie oskar - und ziehst eine menge kraft daraus. wenn du es nicht schaffst - nun, es gibt schlimmeres, und letztlich wiederholt sich sowieso alles. insofern begegnet dir auch diese herausforderung in der einen oder anderen form noch einmal - und für die zwischenzeit hast du etwas, aus dem du lernen kannst, das deine zukünftigen entscheidungen beeinflusst.
versagen ist wichtig, denn nur so kommt man weiter - auch daraus kann man kraft schöpfen. wut z. b. ist ein toller antrieb, solange man sie beherrschen kann. umso mehr es mich ärgert, dass ich etwas nicht hingekriegt hab, desto entschlossener strebe ich mein nächstes ziel an, um mir selbst zu beweisen, dass ich etwas leisten kann, dass ich gewinnen kann - dass ich nicht schwach bin.
sport war für mich ein wichtiges hilfsmittel. eigentlich hab ich nur was gesucht, womit ich die langen, laaaangweiligen und ätzend sinnlos verbrachten stunden des feierabends und wochenendes rumbringen konnte. ich brauchte etwas, das möglichst viel zeit frisst, ohne am anfang zu anspruchsvoll oder anstrengend zu sein (sind wir nicht alle im grunde unseres herzens überzeugte faulpelze?). also hab ich mich auf´s rad gesetzt. ging ganz gut.
stück für stück hab ich die entfernungen vergrößert - und es ging immer noch. und das beste: sport macht glücklich!
is ja wirklich so. man is zwar völlig platt nachher, aber glückshormone fluten einem förmlich die adern. dieses glücksgefühl, diese zufriedenheit mit sich selbst macht schnell süchtig. man will mehr. und eh man sich´s versieht, wird man ehrgeizig. Und man lernt, auch aus diesem ehrgeiz kraft zu ziehen. ehrgeiz treibt einen voran, bringt einem erfolge - und die wiederum treiben einen zu größeren zielen, zu besseren leistungen. sofern man misserfolge nicht zu ernst nimmt und auch sich selbst gegenüber nicht zu streng ist, entwickelt sich daraus ein wundervoll einfacher, aber erstaunlich effektiver kreislauf.
wenn es dann in einem bereich des lebens besser klappt, kann man anfangen, seine erkenntnisse auf andere bereiche auszudehnen: arbeit, freizeit, freunde, umgang mit menschen allgemein, abendliche beschäftigung, hobbies etc.
irgendwann wird´s leichter. und irgendwann hört´s auf, krampfig zu sein. nicht drüber nachdenken - einfach machen. punkt.