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Geschrieben von Mulciber am 18.11.2010 um 19:05:

 

Zitat:
Original von Crunchy
Hallo!

Ich bin gerade durch Google auf eure Diskussion gestoßen, da ich genau über dieses Thema innerhalb meiner BA stolpere. Ich habe auch das Buch von Rajewsky als Grundlage und komme an diesem Punkt nicht weiter.

Wo sind Computerspiele in der Übersicht einzuordnen?
Oder muss man davon ausgehen, dass alle Computerspiele intermedial sind im weiteren Sinne sind und man sie spezifisch in die Unterkategorien einordnen muss?


Interessant, was Menschen alles hier her führt.

Nun, Computerspiele sind ein weites Feld, man denke nur die frühen Formen, d.h. text-basierte Adventuregames (wie z.B. "Adeventure" http://www.youtube.com/watch?v=Ys8wTNzZsjQ - die Stimme muss man sich wegedenken), die Nähe dieses Spiels zu verschiedenen Formen von Literatur (also das, was man "forking-path narrative" nennen würde) ist relativ klar.

Ich denke man muss zwei Felder trennen:
- Inhaltlich, inhaltlich beziehen sich die meisten Computerspiele auf andere Medien (explizit oder implizit), sei es nun als Ver-spielung (also Comic als Spiel, Film als Spiel etc. etc.) oder das man Genres / Narrationen umsetzt in der Spielwelt. [Geht natürlich auch in andere Richtung, wie Silent Hill, Resident Evil etc. zeigen]
- Ästhetisch, geht meistens mit Inhalt einher, d.h. Spiele, welche den Plot eines Comics übernehmen, übernehmen auch oft die Ästhetik etc.

Man "kann" (muss ist immer eine Sache) davon ausgehen, dass es keine "reinen" (d.h. primären) Medien gibt und daher alles immerzu immer Intermedial ist (also in dem Sinne, wie Barthes Intertextualität versteht). Das ist natürlich relativ problematisch, wobei das für alle digitalen Medien gilt (von denen Computerspiele dann wiederum eine Unterkategorie bilden).

Hilfreich denke ich, wäre - wie Paech (der ja ein Urvater der Intermedialität ist) es gezeigt hat - Luhmanns Unterscheidung von "Medium und Form" aufzunehmen. [Vgl. dazu auch Medium und Form in der Kunst bei Luhmann]
Medien tendieren dazu sich selbst bei der Übertragung / Vermittlung unsichtbar [d.h. durchsichtbar] zu machen (immerhin ist das ja auch ihr Zweck) und mit der Medium / Form Differenz kann man relativ gut daran arbeiten, wie man sich mit dem nicht-sichtbaren umgehen kann.

Viel weiter bin ich noch nicht, aber habe gerade wenig Zeit dafür, muss erst gen Januar irgendwie auf nen Punkt kommen ;D

Zitat:
Original von Crunchy
Aber weisen nicht alle Computerspiel intermediale Bezüge auf, weil sie Geschichten erzählen und somit Erzählungen sind?


Wie gesagt, dass ist - Intertextualität ahoi - schon möglich zu sagen, aber damit kommt man nicht weit.
Interessanter ist es dann zu sagen, welche Formen von Intermedialität haben spezifische Spiele und was lerne ich darüber über die Materialität der Computerspielmedien.



Geschrieben von Crunchy am 20.11.2010 um 10:24:

 

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Das hat mir wirklich sehr weitergeholfen.



Geschrieben von Mulciber am 20.11.2010 um 13:47:

 

Zitat:
Original von Crunchy
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Das hat mir wirklich sehr weitergeholfen.


You are welcome.

Mein Dozent hat mir noch eine Monographie und einen Sammelband empfohlen:
- Folge dem Pixelkaninchen! Narrativität und Ästhetik digitaler Spiele von Mela Kocher
- Formen interaktiver Medienkunst hrsg. von Peter Gendolla [darin den Artikel "»A crossword at war with a narrative« Narrativität versus Interaktivität in Computerspielen von Frank Furtwängler]



Geschrieben von Malarija am 20.11.2010 um 16:32:

 

Zitat:
Original von Raistlin
Welche Geschichte erzählt Tetris?


lol, ich habe mir gerade die neusten Posts hier angesehen. Und deine Frage ist völlig berechtigt. Mir ist das hier alles zu larifari philosophisch angehaucht. Es gibt tatsächlich Menschen, die sich meiner Meinung nach etwa in dieser Diskussion sehr wohlfühlen würden, die behaupten abhängig von der Kreativität des Betrachters kann auch Tetris eine Geschichte erzählen. Abhängig auch von der Definition von Geschichte. Bleiben wir dabei das Geschichten Charaktere haben müssen, die Tätigkeiten durchführen, dann wird das bei Tetris schwierig.

Ich selber habe in meine MA Arbeit vertreten, dass Spiele narrative und ludologische Teile besitzen. Bei dem einen überwiegt die Geschicht, bei dem anderen ist sie nicht auffindbar.
Ludologisch werden die Anteile genannt, die wir als "Spiel" kennen, Regeln, Belohnungen, Taktiken etc.

So, my 2 cents!



Geschrieben von Raistlin am 20.11.2010 um 16:46:

 

Es gibt ja genug Spiele, die gar keine Geschichte erzählen wollen. Neben Tetris gibt es noch zig andere Puzzle- oder Geschicklichkeitsspiele. Dazu diverse Umsetzungen von Brettspielen wie Schach, Dame, etc. die auch keine wirkliche Geschichte erzählen.

MMn gibt es auch viele moderne Spiele, die keine Geschichte erzählen, obwohl sie offiziell sogar eine haben. Spiele in denen die Story eigentlich völlig im Hintergrund stehen und kaum bzw. schlecht erzählt werden, weil die Story ansich keine Rolle spielt. Oftmals geht es nur um das Spiel ansich und das Gameplay. Die Story existiert höchstens als Alibi, um das Gameplay zu rechtfertigen. Hauptsächlich findet man das im Action-Genre.



Geschrieben von Mulciber am 20.11.2010 um 17:06:

 

Zitat:
Original von Malarija
[...] Mir ist das hier alles zu larifari philosophisch angehaucht. [...] Abhängig auch von der Definition von Geschichte. Bleiben wir dabei das Geschichten Charaktere haben müssen, die Tätigkeiten durchführen, dann wird das bei Tetris schwierig.

Ich selber habe in meine MA Arbeit vertreten, dass Spiele narrative und ludologische Teile besitzen. Bei dem einen überwiegt die Geschicht, bei dem anderen ist sie nicht auffindbar.
Ludologisch werden die Anteile genannt, die wir als "Spiel" kennen, Regeln, Belohnungen, Taktiken etc.

So, my 2 cents!


Nun deine Definition von "Geschichte" ist meiner Meinung nach nicht umfangreich genug, anderseits behaupten ja auch manche Menschen das Filme nicht erzählen könnte (wegen der mangelnden Fokalisierung etc.), vertreten kann man also relativ viel.

Aber: Ich würde auch nicht behaupten, dass alle Spiele eine Geschichte erzählen (bzw. eine Erzählinstanz besitzen), aber ich denke auch nicht, dass man das behaupten muss für eine Analyse von Intermedialität, eher für Narratologie und die interessiert mich in dem Zusammenhang eher wenig.

Und was das nun mit „larifari philosophisch“ zu tun hat, weiß ich auch nicht oder in wie weit dein Kommentar hilfreich sein könnte. Da dieser Thread an keiner Stelle philosophisch ist oder sein will, ist dein Hinweis unklar und die2 cents, also das Spiele narrative und ludologisch sind, sind eher trivial, oder? (Immerhin heißt es ja ComputerSpiel und nicht Computergeschichte)

Zitat:
Original von Raistlin
MMn gibt es auch viele moderne Spiele, die keine Geschichte erzählen, obwohl sie offiziell sogar eine haben. Spiele in denen die Story eigentlich völlig im Hintergrund stehen und kaum bzw. schlecht erzählt werden, weil die Story ansich keine Rolle spielt. Oftmals geht es nur um das Spiel ansich und das Gameplay. Die Story existiert höchstens als Alibi, um das Gameplay zu rechtfertigen. Hauptsächlich findet man das im Action-Genre.


Hier ist wichtig zwischen Erzählung und plot zu unterscheiden. Die meisten Filme / Bücher / Fernsehserien / Comics haben relativ schlichten plot, aber deswegen doch eindeutig eine Erzählung, die mehr oder weniger komplex ist.
Ergo ist das nicht wirklich ein Argument, höchstens ein Hinweis darauf, dass Plot im allgemeinen eine relativ schlechte Methode ist Medien zu differenzieren (das ist aber eh Allgemeinwissen, mittlerweile).


Ganz allgemein:
Obwohl ich ja gerne trash talk unterstütze, bitte euch doch zu dem zurückzukehren, warum ich das hier eröffnet habe: Ich suche bestimmte Spiele, die sich von anderen Spielen unterscheiden durch explizit oder implizit intermediale Verweise.
Also bitte mehr On-topic-stuff!



Geschrieben von Smarty am 30.11.2010 um 16:36:

 

Hallo Mulciber,

was du suchst sind Spiele, die sich auf eine evtl schon vorhandene welt beziehen! Wie schaut es mit den Spielen zu Herr der Ringe aus? In der welt die zuerst als buch existierte, als hörspiel aufgenommen, verfilmt und zu guter letzt zum spiel gemacht wurde, dürfte das gesamte spektrum der intermedialität erfahrbar sein.
Da ich gerade an einer arbeit zu mittelbaren und unmittelbaren zeichen in computerspielen sitze wollte ich dich fragen, wie bei euch der multimediale / hypermediale text definiert wird!

Grüße aus München


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