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Geschrieben von Dlardrageth am 17.08.2011 um 18:50:

  Über die Natur des Guten

Betreff: Über die Natur des Guten

Der Fall: Sage wir, ich tue etwas Gutes. Ich gehe also zwei, drei Mal die Woche hin und gebe der Gesellschaft ganz bewusst etwas zurück. Vielleicht habe ich von einer Person in der Vergangenheit Freundlichkeit erfahren und dieser Person geht es jetzt schlecht, sie kann sich kaum bewegen und ist alleine. Daher gehe ich hin und biete meine Hilfe an, kaufe ein, bringe und hole, wische Staub auf Schränken und putze unzugängliche Oberlichter. Sagen wir, ein anderes Mal gehe ich in ein Haus in dem Blinde und mehrfachbehinderte Menschen leben. Ich spiele mit ihnen, lese vor, höre ihren Geschichten geduldig zu und lache mit ihnen.
Ich erhalte keinen wirtschaftlichen Gegenwert für meine Arbeit, die Entlohnung für meine Anstrengungen wird nur in Lächeln und getrockneten Tränen erfolgen. Ich tue dieses im vollen Bewusstsein, dass man es etwas Gutes nennen wird, diese Bewusstsein kam vor der Tat, es bedingte sie. Und ich erzähle von meinem Tun – nicht penetrant, aber immer mal wieder, und gegenüber vielen Menschen aus verschiedensten Kreisen meines Lebens. Getreu dem Motto „Tue Gutes – und sprich davon“.
Die Fragestellung: Was ist nun dieses Erzählen, wie ist es zu bewerten? Ist es Unbescheiden, in der bekannten, negativ konnotierten Form? Oder lässt es mich, getreu dem vorgenannten Motto, zum Multiplikator werden, indem es eventuell andere dazu inspiriert, ebenfalls nach der süssen Frucht der Genugtuung zu trachten, die derjenige erntet der nicht nur anonym über eine Spende für die Hilfe gegen weit entferntes Leid einen Beitrag leistet (auch wenn dieser nicht gering zu schätzen ist, so er eine würdige Stelle erreicht, jedes Bisschen hilft).
Möglicherweise handelt es sich auch um eine dritte Form, ein Amalgam der beiden anderen: Es ist unbescheiden, allerding ist diese Unbescheidenheit nicht negativ konnotiert, sondern erst indem ich bereit bin, mögliche herabsetzende Gedanken von Menschen zu akzeptieren, in deren Augen mein Erzählen meine Taten herabwürdigt, erlange ich die Möglichkeit, zu jenem Multiplikator zu werden.
Vielleicht möchten jene zeigen, dass Sie es ja besser machen würden. Sie gehen vielleicht hin und animieren sich zu eigener Initiative, um es „mir zu zeigen“. Vielleicht zählt einfach das Ergebnis, auch wenn ich nie davon erfahre. Die Betroffenen erfahren davon, und dies macht möglicherweise das Gute aus.
Der Gedanke an die Möglichkeit, animiert zu haben, ist denn nichts anderes als ein weiterer Biss von jener süßen Frucht.
Probiert doch einmal davon. Erzählt, womit könnt Ihr andere inspirieren? Wo legt ihr Hand an (denn es ist unendlich wertvoller, Hand an zu legen anstatt sie nur zu falten)?

GLG

Dlard



Geschrieben von Schattenelfe13 am 17.08.2011 um 19:59:

 

Ich denke, die Natur des Guten genügt sich selbst... strebt nach sich selbst, und findet Erfüllung in sich selbst.



Geschrieben von Leopatra am 17.08.2011 um 20:27:

 

Hm ja ich bin manchmal schon ein Angeber aber immer mit einem Augenzwinkern ;D

Ist doch nix dabei.

Ich brech mir da nix ab.

Ich bin nett wenn ich es sein möchte, nicht weil ich nett sein muss. Und ich halte auch nicht meinen Mund wenn ich was nettes tue und spreche auch öffentlich darüber. Es hat schon einen Mitmacheffekt.

Es ist eben so dass der Mensch auch viel durch abgucken lernt, Zivilcourage ist dem Menschen NICHT angeboren, Zivilcourage muss erlernt werden.

Vor allem aber biete ich auch öfters meine unkoventionelle und kritische Meinung an, damit die Leute nicht ständig in ihren Klischeedenkmustern gefangen bleiben. Vor allem wenn das negative Denkmuster sind.

Ansonsten gehts frei nach dem Motto: Sei gut zu dir selbst - Sei gut zu anderen.



Geschrieben von Dlardrageth am 17.08.2011 um 22:21:

 

@Elfe: Du würdest also sagen, jeder tue sein eigen Ding, das genügt, wenn es ein gutes Werk ist, richtig? Ist es dann aber nicht so, dass jemand mit einem moralischen Selbstverständniss, das als "Gut" zu bezeichnen ist, im Angesicht der all zu häufigen Untätigkeit und Apathie der Gesellschaft einen starken Drang geradezu verspüren muss, im Sinne von kaum anders kann, als zu versuchen, andere zur Mithilfe anzuregen? Vielleicht kann ein tätiger guter Mensch sich bewusst sein, dass das was er verrichtet ein gutes Werk darstellt. Aber glaubst Du, dieser sich bewusste Mensch würde sich wirklich noch selbst genügen, wenn er mit einem Beispiel der alltäglichen Untätigkeit anderer, meist auch direkt aus seinem eigenen sozialen Kreis, konfrontiert wäre?
Worauf ich hinaus möchte ist, dass ich den Eindruch habe, bei bewusstem Durchdenken der eigenen moralischen Position, so man sich für einen ersten Schritt der aktiven Tätigkeit entschieden hat, bedingt sich jeder weitere gewissermassen von selbst als logische Folge. Diese Kettenreaktion kann, wie ich es in meinem Umfeld gerade beobachten musste, sogar zu regelrechtem Burnout führen (und tut dies wohl sogar recht häufig in den Bereichen, die "ganz vorn am Übel des dreckigen Lebens" mit dabei sind und täglich wirklich schlimme Dinge sehen. Streetworker etc).



Geschrieben von Schattenelfe13 am 18.08.2011 um 17:17:

 

@Dlardrageth: Da muss ich dir recht geben. Meine Aussage war wohl noch nicht gut genug durchdacht, beziehungweise mangelt es mir auch an eigenen Erfahrungen in diesem Bereich des "Übels des dreckigen Lebens"... jedenfalls an der Front. Ich kenne allerdings selbst jemanden, der in einem sehr harten sozialen Bereich arbeitet
(mit resozialisierten Gewaltverbrechern) und der an sich ein sehr lieber Mensch ist, und der so ziemlich unter diesem Burnout zu leiden hat, den du erwähnt hast.
Nein, ich meinte eigentlich nicht, "jeder tue sein eigenes Ding", ich hatte die erste Frage nur so verstanden, ob man darüber reden sollte oder nicht - und war angesprochen von der Thread-Überschrift Über die Natur des Guten - welche ich in einem übergreifenden Kontext verstanden habe. Denn darüber könnte man ewig philosophieren. Daher meine Aussage.

Ich war aber mal in genau der von dir beschriebenen Situation, als zwei Freundinnen und ich in dem extrem kalten Winter vor zwei Jahren in Karlsruhe auf der Strasse unterwegs waren und den Obdachlosen heissen Tee, Kaffee und Decken, die wir selbst gekauft hatten, verteilt haben. Das Lächeln und die Freude waren unsre Belohnung.
Danach stand ich auch vor der Frage: kann man / soll man das weitererzählen? Ich habe es schon ein paar Leuten erzählt. Ja, ich denke, wenn man in so einem Bereich häufig tätig ist, muss man sich ziemlich gut abgrenzen können. Auf jeden Fall, Respekt!



Geschrieben von Leopatra am 20.08.2011 um 20:58:

 

Grade einen Artikel gelesen der hier reinpasst:

http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/0,1518,779855,00.html



Geschrieben von LadyVengeance am 21.08.2011 um 13:04:

 

Zitat:
Ist es dann aber nicht so, dass jemand mit einem moralischen Selbstverständniss, das als "Gut" zu bezeichnen ist, im Angesicht der all zu häufigen Untätigkeit und Apathie der Gesellschaft einen starken Drang geradezu verspüren muss, im Sinne von kaum anders kann, als zu versuchen, andere zur Mithilfe anzuregen?


Dein Ansatz im ersten Post, dass das dankerfüllte Lächeln Belohnung genug sei, war doch schon ein edler Grund. Allerdings mag es NIEMAND von selbsternannten Gutmenschen mit den moralischen Finger durchbohrt zu werden. Schattenelfe's Geschichte klingt für mich nach einer sponaten, nicht von dauer gesetzten Idee, die ohne großen Aufwand sich selbst und den Menschen Freude bereitet hat - da ist nichts bedenkliches dran es weiterzuerzählen, auf solche Ideen kommt man schließlich nicht alle Tage und außerdem - man tratscht nunmal gerne wenn man glücklich ist.
Wobei bei deinem Fall, die Schränke und Oberlichter abzuwischen..da kannst du selbstverständlich auf deine Ernsthaftigkeit deiner Ideale pochen, aber dass sich die Menschen in deiner Umgebung eventuell unangehem berührt vorkommen, da musst du damit rechnen. Das sind nunmal Dinge die keinen Spaß machen, bei mir selber schließlich auch nicht, da ist auch nicht mein Lächeln Belohnung genug..
Es kommt immer drauf an WIE du etwas sagst. Wenn du wirklich Menschen dazu animieren möchtest etwas Gutes zu tun, dann solltest du vielleicht erstmal die Dinge rausfiltern was sie auch gerne oder schon lange mal tun würden, beispielsweise Geschichten vorlesen. Erzähl doch einfach mal wie lustig das manchmal sein kann (falls), dann bekommt man seinen nötigen Schub etwas draus zu machen und gegebenfalls sogar den Antrieb in anderen Bereichen zu helfen.
Solltest du aber erzählen dass du den ganzen Haushalt erledigst, und der Dank sei dir genug schließlich willst du auf keinen Fall zu den Untätigen der egoistischen Gesellschaft dazugehören..Tja, dann würd' ich dir den Vogel zeigen, Hippie.



Geschrieben von Dlardrageth am 25.08.2011 um 11:40:

 

Stimmt schon, der Ton macht natürlich die Musik. "Ich bin ja SO ein GUTER"-Formulierungen sind, möchte man andere inspirieren / animieren, selbstverständlich kontraproduktiv. Wer seine "Story" so erzählt braucht wohl eher mal ganz dringend ein Lob und ist auf Komplimente aus.

Gemeint war mit dem von Dir zitierten Passus auch nicht der selbsterfüllte "hochheilige" Gutmensch, sondern eben einer, der ohne grosse selbst-betitelung einfach gut ist. Die Frage war, ob ein solcher nicht aus der Natur seines Wesens heraus andere anregen möchte.
Dein praktischer Rat klingt gut, ist realistisch und wird auch so praktiziert - mir ging`s hier aber nicht um mich, nur so um Euer generelles Verständniss / Eure Meinungen zur Materie. Trotzdem natürlich ein Danke.


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