Familien-Tailban Von der Leyen will atheistisches Kinderbuch indizieren |
NineBerry
Inquisitor-Meister
Dabei seit: 28.02.2005
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Familien-Tailban Von der Leyen will atheistisches Kinderbuch indizieren |
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http://hpd-online.de/node/3715
Im Oktober 2007 kam das satirische Kinder- und Erwachsenenbuch „Wo bitte geht's zu Gott? fragte das kleine Ferkel" von Michael Schmidt-Salomon und Helge Nyncke auf den Markt und fand sehr bald eine große Fangemeinde. Auch Pädagogen und Psychologen waren von der frechen, kleinen Geschichte („Dawkins for Kids") angetan. So urteilte der renommierte Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Dr. Peter Riedesser, Direktor der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, das Buch sei „als Gegengift zu religiöser Indoktrination von Kindern pädagogisch besonders wertvoll". Ursula von der Leyens Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sieht die Sache jedoch völlig anders: Das Ministerium beantragte die Indizierung des Kinderbuchs als jugendgefährdende Schrift. Nach Angaben der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird die mündliche Verhandlung Anfang März stattfinden. Der Verlag und die Autoren wehren sich entschieden gegen die Vorwürfe des Ministeriums und sprechen von politischer Zensur: Der Indizierungsantrag sei ein durchsichtiger Versuch, Religionskritik aus den Kinderstuben zu verbannen. Man werde diesen „Anschlag auf die Meinungsfreiheit" nicht hinnehmen, heißt es. Folgt auf den Karikaturenstreit nun ein Kinderbuchstreit?
Die Argumentation des Ministeriums
Im ministerialen Indizierungsantrag wird behauptet, das Buch sei „geeignet, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer (sic!) eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden". Jugendgefährdend seien Medien, „wenn sie unsittlich sind, verrohend wirken, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizen". Dass ausgerechnet die niedlich illustrierte Geschichte vom kleinen Ferkel zu solcher „Verrohung" beitragen könne, wird damit begründet, dass in dem Buch „die drei großen Weltreligionen Christentum, Islam und das Judentum verächtlich gemacht" und „die Besonderheiten jeder Religion (...) der Lächerlichkeit preisgegeben" würden. Nach Ansicht des Ministeriums werde dabei insbesondere das Judentum auf diffamierende Weise angegriffen, so dass „Text und Abbildung mithin antisemitische Tendenzen" aufweise.
„Mit dem Antisemitismusvorwurf an der falschen Adresse!"
Autor Schmidt-Salomon, der aufgrund seines jüdisch klingenden Namens selbst seit Jahren Zielscheibe antisemitischer Propaganda ist, findet diese Behauptung „ungeheuerlich": „Dieser Antisemitismusvorwurf ist nichts weiter als ein fadenscheiniger Vorwand, um Religionskritik aus den Kinderstuben zu verbannen! Offensichtlich hat es einige Leute irritiert, dass sich das Ferkelbuch in der Weihnachtszeit besser verkaufte als die traditionelle, apologetisch-religiöse Kinderliteratur. Also hat man nach einer Möglichkeit gesucht, um dem einen Riegel vorzuschieben. Doch mit dem Antisemitismusvorwurf spaßt man nicht! Und bei mir, der ich als humanistischer Philosoph ganz wesentlich durch säkulare Juden wie Freud, Einstein, Marx oder Erich Fromm geprägt bin, sind die Damen und Herren des Ministeriums nun wirklich an der falschen Adresse gelandet!"
Schmidt-Salomon, dessen „Manifest des evolutionären Humanismus" zu den meistverkauften dezidiert humanistischen Büchern der letzten Jahre zählt, war noch vor wenigen Monaten in iranischen Medien als „zionistischer Agent Israels" bezeichnet worden, da er als Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung die PR-Kampagne „Wir haben abgeschworen!" des „Zentralrats der Ex-Muslime" geleitet hatte. „Insofern bedeutet der Antisemitismusvorwurf eine interessante Erweiterung meines Portfolios!", scherzt der Philosoph bitter. „So viele antisemitische jüdische Agenten dürfte es ja nicht geben..."
Was ihn am Indizierungsantrag des Familienministeriums besonders stört, ist „das darin zum Ausdruck kommende, undifferenzierte Bild des Judentums". Offenbar wisse man im Ministerium nicht, „dass die allermeisten Juden progressiv, wenn nicht gar säkular, denken und sich in einer Schärfe, die das Familienministerium arg erschrecken würde, von jenen ultraorthodoxen Wirrköpfen distanzieren, die meinen, das Alte Testament bzw. die Thora wörtlich nehmen zu müssen". Nur dieses orthodox-religiöse Judentum werde „mit guten Gründen" in dem Buch kritisiert, nicht „die" Juden schlechthin. Auch greife das Buch nicht „die" Religionen an, sondern nur jene Formen, die nicht durch die Schule der Aufklärung gegangen seien.
„Schwere Wahrnehmungsstörungen"
Die Argumentation des Ministeriums sei über weite Strecken derart grotesk, dass er am Anfang gedacht habe, es handle sich um einen „dummen Scherz", erklärt Schmidt-Salomon: „So wird uns vom Ministerium doch allen Ernstes vorgeworfen, dass während der Sintflut Omas, Babys und Meerschweinchen ertrinken! Ja, um alles in der Welt, haben diese Leute denn noch nie die Bibel gelesen?! Wenn dies ein Grund sein sollte, um ein Buch zu verbieten, so müsste man doch zuerst einmal die Bibel auf den Index der jugendgefährdenden Schriften stellen! Unser Buch hebt diese biblischen Ungeheuerlichkeiten doch auf humorvolle Weise auf! Es sagt den Kindern augenzwinkernd: Nur keine Sorge, ihr braucht wirklich keine Angst zu haben! Diese Geschichte vom biblischen Rachegott, der Omas, Babys und kleine Meerschweinchen ertränkt, ist frei erfunden!"
Auch Helge Nyncke, der das „kleine Ferkel" illustriert hat, ist über den Indizierungsantrag empört. Dass „ausschließlich der Rabbi" als unsympathisch und gewalttätig dargestellt werde, wie es im Schreiben des Ministeriums heißt, könne nur behaupten, wer unter „schweren Wahrnehmungsstörungen" leide oder gar „bewusst einseitig und tendenziös sichtbare Tatsachen" ignoriere oder verfälsche. „Ich empfinde das als eine äußerst bedenkliche Wirklichkeitsverzerrung", sagt Nyncke. Ganz offensichtlich werde in dem Antrag „ein Feindbild aufgebaut, das in dem Buch überhaupt keine Entsprechung findet". Im Gegenteil, die „ganz bewusste gestalterische Gleichbehandlung aller drei Religionsvertreter werde absichtlich unterschlagen und in antijüdische Propaganda umgemünzt". „Eine Unverschämtheit", so der Zeichner.
Fassungslos habe er zur Kenntnis genommen, sagt Nyncke, dass die Antragsteller in dem Handgemenge zwischen den streitenden Gottesdienern ausgerechnet dem Rabbi Mordabsichten unterstellten, diese aber weder beim Bischof noch beim Mufti zu entdecken glaubten. Eine so offensichtliche Projektion der eigenen vorurteilsgeprägten Sichtweise auf eine ganz anders gemeinte bildliche Darstellung sei „an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten".
Zu viele Gewaltvideos angeschaut?
Möglicherweise habe „die verantwortliche Referentin des Familienministeriums in Ausübung ihrer beruflichen Pflichten zu viele Gewaltvideos angeschaut", meint Schmidt-Salomon. Andernfalls könne er sich kaum erklären, warum die Jugendschutzreferentin fantasiere, dass der Rabbi „einem Vertreter des christlichen Glaubens eine Schriftrolle auf den Mund drückt und ihn zu ersticken droht", wie es in dem ministerialen Schreiben heißt: „Also ehrlich: Den Unterschied zwischen einer harmlosen Rauferei und einem Mordversuch sollte man doch schon erkennen können! Nebenbei: Haben Sie schon einmal versucht, einen Menschen mit einer dünnen Papierrolle zu ersticken? Wenn Ihnen das gelingen sollte, melden Sie sich doch bitte bei Uri Geller!"
„Anschlag auf die Meinungsfreiheit"
Auch die beiden Autoren wollen eine mögliche Indizierung ihres Buchs keineswegs akzeptieren. „Auch Kinder haben ein Recht auf Aufklärung", meint Michael Schmidt-Salomon. „Schauen Sie sich doch einmal in der Welt um! Nie zuvor war Religionskritik so wichtig wie heute! Man kann gar nicht früh genug damit beginnen, den Menschen die Angst vor archaischen Glaubenssätzen zu nehmen. Diese Glaubenssätze führen, wie wir tagtäglich in den Medien erfahren müssen, zu jener Verrohung, die man nun ausgerechnet dem Ferkelbuch unterschieben möchte. Wer die Geschichte vom kleinen Ferkel gelesen hat, der weiß, dass sie ganz sicher nicht zu Hass aufstachelt, sondern zu Heiterkeit. Das kleine Ferkel führt uns auf humorvolle Weise jene menschlich-allzumenschlichen Unzulänglichkeiten vor, die sich auch, aber nicht nur, im religiösen Glauben widerspiegeln. Es mag ja Menschen geben, die eine solch humorvolle Sichtweise der menschlichen Existenz nicht ertragen können und deshalb beleidigt nach Zensur schreien. Derartige Leute sollten in Ministerien aber wirklich nicht das Sagen haben!"
http://www.ferkelbuch.de/
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von NineBerry: 04.02.2008 19:41.
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04.02.2008 19:40 |
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Benedict
Geheimer Meister
Dabei seit: 07.09.2006
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....habe ich das Buch nicht gelesen, deswegen kann ich auch kein komplettes Urteil abgeben. Ich sehe nur die drei Bilder im oberen Beitrag.
Die Autoren wollten ein dezidiert religionskritisches Buch schreiben, aber so alte Religionsphilosophen wie ich neigen dazu auch noch solche umzudoktrinieren.
Ferkel und Igel finden in Kirche, Moschee und Synagoge Gott nicht. Sie nehmen die Geschichte gelassen, lachen und basteln Papierflieger aus dem ganzen Mist. Nur eins ist interessant: Die Sonne die am Ende über alle scheint und die Schönheit der Natur waren ja vor ewigen Zeiten selber Götter bzw. zeichen des Göttlichen.
Schwein und Igel haben kein Bedürfnis danach, irgend ein Gott anzu-beten, da sie als Tiere mit der Natur sowieso schon eins sind und die grauen betenden Gestalten in der Kirche nicht verstehen können. In der Sonne zu sitzen, über alles mal zu lachen und friedfertig zu sein ist ja gerade das, was die Kirchenherrschaften gerne verwirklichen würden aber vor lauter Dogmatismus selber nicht verwirklichen können.
Werde mir mal dieses böse Buch zur Brust nehmen.
Grüße
__________________ MDB
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04.02.2008 21:55 |
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Der Antrag wird nicht durchgehen, da er ein Witz ist. Es gibt klare Gesetze.
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04.02.2008 22:27 |
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Dahinter steckt eindeutig eine Verschwörung:
1. Das Schwein hebt auf dem Titelbild die rechte Hufe hoch (Hitlergruß).
2. Die blau-weiß karierte Schürze ist des weiteren eine Bezugnahme auf Bayern.
3. Die Schlussszene ist ein Sinnbild für die kompromisslose Zensur von religiösen Schriften.
Unzweideutig kann man da nur resümieren, dass das Buch bei den Kindern schon früh Sympathien für einen totalitären Führerstaat wecken soll.
[/Ironie]
__________________ "Imagination is more important than knowledge. For knowledge is limited […]."
-- Albert Einstein
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05.02.2008 01:32 |
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Unsere gute Frau Familienministerin scheint wohl keine anderen Sorgen zu haben. Oder sie sucht was neues,nachdem die Idee gescheitert ist, Jugendliche als Testkäufer einzusetzen,um zu prüfen wies um die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes steht.
Religionskritik = Jugendgefährdung? Soso... Womit wir wieder bei der Frage sind,ob Geschichten und Darstellungen,in denen Gewalt vorkommt,beser oder lehrreicher oder was auch immer sind,wenn es unter dem Deckmantel der Bibel geschieht.
__________________ Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist das nicht das Ende!
(Verfasser unbekannt)
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06.02.2008 22:14 |
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http://www.zeit.de/online/2008/06/kinderbuch-religion
Ein sehr lesenswerter Artikel. Wenn das Buch so ist wie beschrieben, ist es wirklich kein Gewinn. Doof-Atheisten die gegen jede Form von Religion daherpöbeln braucht auch keiner.
Natürlich rechtfertigt das keine Indizierung. Nur ist das Buch vielleicht nicht ganz so toll.
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06.02.2008 22:29 |
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Raistlin
Battlesheep > Battleship
Dabei seit: 06.01.2005
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06.02.2008 22:41 |
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