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Momentan mehr oder weniger in der öffentlichen Diskussion ist ja das Buch Feuchtgebiete von Charlotte Roche.
Darin gehts um eine junge Frau, die aufgrund eines Missgeschicks beim Rasieren im Krankenhaus liegt und sich dann sehr ausführlich über (manchmal ungewöhnliche) sexuelle Erfahrungen, Bakterien (!), geschiedene Eltern und Avocadokerne auslässt, und dabei teilweise die Grenzen des guten Geschmackes mehr als überschreitet. Besser, ich nenne keine Details.
Man kann es als übertriebenen Feminismus und "Ich darf das (auch)!"-Geschreie bezeichnen, aber dass bei bestimmten Stellen einfach nur Ekel hochkommt, ist sicher nicht zu bestreiten.
Auch, wer eigentlich keine übertriebene Angst vor Bakterien hat, wird sich nach diesem Buch wohl nochmal öfter überlegen, ob er öffentliche Toiletten benutzen mag oder in der Straba Griffe anfassen, auch, wenn das wahrscheinlich genau das ist, was die Autorin nicht wollte.
Auch, wenn ich diese Meinung schon ein paar Mal gehört habe: Als kindliche Provokation würde ich das, was geschrieben wird, trotzdem nicht unbedingt bezeichnen. Im Ansatz hat die Autorin garnicht mal so Unrecht, wenn sie meint, dass es schade ist, dass gerade Frauen mit ihren Körpern so umgehen, als wäre er etwas grenzenlos ekliges, und etwas, das weder ein Haar noch natürlichen Geruch haben darf und immer so aussehen muss, als wäre es gerade aus der Brigitte gehüpft. Dass sie das so provokant und übertrieben zum Ausdruck bringen muss, ist wohl Geschmackssache, aber so kommt das Thema zumindest mal in's Gespräch.
Wie bereits erwähnt, fand ich manche Stellen in dem Buch einfach nur eklig - es war aber durchaus zum Schmunzeln und hat sich gelohnt.
Gibt's hier Leser und vorallem Meinungen?
__________________ Nicht, weil die Dinge so schwer sind, tun wir sie nicht.
Sondern weil wir sie nicht tun, sind sie so schwer.
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25.04.2008 19:40 |
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Ich hab nur ein Kapitel gelesen....
Nun ja, die Intention ist in Ordnung, ich finde Charlotte Roche durchaus sympathisch, fand manche ihrer Moderationen wirklich gelungen...
....aber der Schreibstil ist ziemlich mies und ob weniger Ekel nicht mehr gewesen wäre? Es wird ziemlich schnell langweilig, Roche muss ja immer noch eins drauf setzen.
Das ist nicht besonders originell....
... und die ganze Diskussion um das Buch geht an der eigentlichen Intention irgendwie völlig vorbei, daran ist Roche selbst schuld.
In einem Wort: überbewertet
__________________ Wer ist gerufen, wenn der Mensch verreckt?
Das Insekt! Das Insekt!
Wer ist der Retter und lebt ganz versteckt?
Das Insekt! Das Insekt!
Wer macht das Paradies auf Erden perfekt?
Das Insekt! Das Insekt!
Kri kri kri, kra kra kra
das Insekt ist endlich da
um uns zu erlösen
von allem Bösen -
was wär' der Mensch,
wenn er nicht hätt'
das Insekt, das Insekt?
(Der Plan)
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25.04.2008 20:22 |
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Raistlin
Battlesheep > Battleship
Dabei seit: 06.01.2005
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26.04.2008 01:22 |
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"Feuchtgebiete" fand ich eigentlich ziemlich lesbar. Allerdings ist der Versuch, es als Klolektüre zu nutzen, angesichts der detaillierten Beschreibung einer frischen Operationswunde am Pöppes kläglich gescheitert. Das hatte ich aber glaub ich schonmal irgendwo geschrieben.
Da wären wir auch beim Thema: Es beschreibt relativ offen, wie heutzutage mit Sexualität umgegangen wird, legt also schnörkellos dar, daß Sex oft ziemlich entkoppelt von Liebe stattfindet. Die Ich-Erzählerin hat jedenfalls nirgendwo fallengelassen, daß sie Sex mit jemandem hätte, den sie liebt.
Das wäre dann auch mein Kritikpunkt, es ist im Grunde ein Ansammlung von versauten Dingen, die man so mit seinem Körper anstellen kann, wenn man nur abgedreht oder neugierig genug ist. Alles in allem also Schockmomente für ältere Leser mit konservativen Background, aber sonst im Westen nicht viel neues. Emotionale Momente kommen nur in Bezug auf die eigenen Eltern vor, die die Protagonistin auf ziemlich naive Weise wieder zusammenbringen will.
Macht auf mich einen sehr pubertären Eindruck, das Buch.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von GrafKrolock: 26.04.2008 14:02.
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26.04.2008 14:00 |
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Hat eigentlich seinerzeit vor etwa 4 Wochen jemand diesen interessanten Artikel im STERN gelesen? Es ging ums Buch, Besucher einer Lesung wurden zitiert und Charlotte Roche will laut eigener Aussage nicht,daß ihre Tochter das Buch liest.
Eine von den zitierten Besuchern hat das Ganze sehr diplomatisch formuliert.
Zitat: "Ich mag Charlotte Roche - und wasche mich trotzdem."
Was das Buch selbst angeht,hatte ich bislang noch keine Gelegenheit,mich damit zu befassen.
Aber was ich so höre,wie die durch die Romanfigur vertretene Einstellung als neuer Feminismus deklariert wird (jetzt nur mal auf den Artikel im STERN bezogen) - vllt gilts auch irgendwann wieder als feministisch,sich als Single-Frau mit Fräulein ansprechen zu lassen. Wurde diese Anrede nicht abgeschafft,weil es Beschwerden gab aufgrund der Tatsache,daß es im heutigen Sprachgebrauch (oder in dem des 20. jahrhunderts) keine entsprechende männliche Anrede gibt? irgendwas in der Richtung wars jedenfalls,soweit ich gehört habe.
__________________ Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist das nicht das Ende!
(Verfasser unbekannt)
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Striga Jawbreaker: 27.05.2008 01:02.
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27.05.2008 01:01 |
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Zitat: |
Original von Striga Jawbreaker
Hat eigentlich seinerzeit vor etwa 4 Wochen jemand diesen interessanten Artikel im STERN gelesen? Es ging ums Buch, Besucher einer Lesung wurden zitiert und Charlotte Roche will laut eigener Aussage nicht,daß ihre Tochter das Buch liest. |
oder: hat jmd die zeit vom donnerstag gelesen? zeitmagazin leben, da stehts auch drin.
und ach, die eine hälfte der journalisten hat jetzt endlich das gesicht zum modernen feminismus, endlich, alice schwarzer hat ausgedient. die andere hälfte hat eine ungeschickte autorin, auf deren jugend man herumtrampeln kann.
ist es originell, wenn sich alleingebliebene mittdreißiger dieses buch allein wegen irgendwelcher.... ahem, neugieriger gelüste zulegen?
ja, natürlich hat charlotte roche recht: entweder frauen werden auf ihren körper reduziert, oder sie werden als neutrum, als geschlechtslos und unförmig bestimmt, das hat frau schwarzer ja fein erreicht, und nun kommt das gegenteil.
frauen wird suggeriert, dass haare ekelhaft seien und rasiert werden müssen, und wehe, frau geht mit rock und stoppeln der konsumsucht nach. ein absolutes no-go. und ein rauchender herr altbundeskanzler wäscht sich nur einmal die woche.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von VermissterTraum: 27.05.2008 19:46.
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27.05.2008 19:45 |
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Zimmerit
Modiktator
Dabei seit: 10.03.2005
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Ich mag Charlotte Roche eigentlich, aber... Vorweg, ich habe das Buch nicht gelesen, ich habe nur die Kritiken verfolgt. Und mich massiv über den schwachsinnigen Rummel den das Buch ausgelöst hat belustigt. Das mit dem "neuen Feminismus" war dabei meines Erachtens so ziemlich das dämlichste was so abgesondert wurde.
Wahrscheinlich bin ich aber auch nur zu abgebrüht (also einerseits), da mich die Vorstellung von Körpersekreten, Analverkehr und Avokadokernen nicht aus der Fassung bringt. Und andererseits zu konservativ, da mir eine gewisse Hygiene und der Vorteil des Rasierens als bewahrenswerte Güter erscheinen. Bei Männern UND Frauen wohlgemerkt.
Der Literaturkritiker Denis Scheck bringt das alles find ich ganz wunderbar auf den Punkt:
Zitat: |
Charlotte Roche: Feuchtgebiete
Zu den hehrsten Aufgaben der Literatur zählt, dem Meer des Unsagbaren ein Stück neues Land abzuringen. Das leistet "Feuchtgebiete" zweifellos: hier wird ein Tabu geknackt: in diesem Fall das Tabu von Intimhygiene und Analsex. Allerdings hat das nach 20, 30 Seiten auch der größte Dämel begriffen, und dann, ja dann kommt der Roman. Ohne nun als Korinthenkacker dastehen zu wollen, ist das freundlichste, was ich über die wahnsinnig brave und biedere Handlung dieses Romans sagen kann, dass sie mir am Arsch vorbeigeht.
(Dumont Verlag, 219 Seiten, 14,90 Euro) |
Folgender Text ist auch nett, und der Verfasser hat das Buch ebensowenig gelesen wie ich..*g*
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Die Zeit lässt sich nicht anhalten; es gibt keine weise Umkehr, keinen klugen Verzicht. Nur Träumer glauben an Auswege. Optimismus ist Feigheit.
(Oswald Spengler)
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27.05.2008 13:01 |
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@Zimmerit: Ich glaub,wir sind uns einig.
Auf der einen Seite Charlotte Roche im Kampf gegen die Entfernung von Körperbehaarung,auf der anderen Seite Alice Schwarzer im Kampf gegen Pornographie? Hat eigentlich jemand mitbekommen,daß Eva Herman auch wieder ein Buch verfaßt hat?
Neenee, alles nicht mein Fall. Dieser "moderne Feminismus" nach Charlotte Roche geht mit meiner persönlichen Definition des Begriffs,die da lautet "Einsatz für Gleichberechtigung und gegen frauenfeindlichen Schwachfug" nicht ganz konform. Es gibt andere Dinge,die es in der Gesellschaft zu richten gibt,als das Waschen des Intimbereichs für frauenfeindlich zu erklären. Vllt macht man letzteres auch,um Juckreiz zu vermeiden?
Gibt ja auch die scherzhafte Bemerkung "Waschen,nicht kratzen!",wieso soll das nur oberhalb der Gürtellinie gelten?
Entfernen von Körperbehaarung muß nicht zwangsläufig für ein krankes Verhältnis zum eigenen Körper stehen.
Dann wären Push-Up Bhs ja genauso unnatürlich,da sie implizierern,daß die Trägerin ihre von der Natur gegebene Brust nicht akzeptiert.
Das wollte ich nur mal zur Erklärung sagen,fühle sich niemand so,als wollte ich ihm meine Einstellung aufdrängen.
Das Beste ist,sich einen eigenen Weg zu suchen.
__________________ Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist das nicht das Ende!
(Verfasser unbekannt)
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27.05.2008 23:38 |
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Impressum
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