Der Baader-Meinhof-Komplex |
|
Zitat: |
Original von Striga Jawbreaker
Denn angenommen,es war Selbstmord,dann hätten die Spitzel ja sicher etwas mitbekommen(zumindest bei Baader und Raspe,wo Schußwaffen im Spiel waren). Und wenn dann keiner einschreitet... |
...ist es immer noch Selbstmord.
Zitat: |
Mag zwar sein,daß da vllt ein Ziel dahinter stand,etwas verändern zu wollen,aber am Ende haben sie sich auf genau dieses faschistoide Niveau herabbegeben,das sie dem Staat zum Vorwurf gemacht haben. |
Und sie haben sich offenbar zu keiner Zeit gefragt, ob die Bevölkerung es überhaupt so haben will, wie sie sich das in ihren Träumen ausgedacht haben. Sie hätten wissen können, spätestens nach den ersten Aktionen, daß es keine "Volksmassen" gab, die ihnen hätten folgen wollen.
|
|
06.10.2008 23:05 |
|
|
|
zu 1)
Käme da nicht auch sowas wie Unterlassen ins Spiel? Unterlassene Hilfeleistung oder so? Bin da nicht so ganz bewandert.
zu 2)
Auch wieder wahr. Allem Anschein nach waren sie zu sehr von ihren eigenen Ansichten geblendet,als daß sie dies gekümmert hätte.
Zur Wiglaf Droste-Geschichte:
Kann mich auch noch an die Bad Kleinen-Geschichte erinnern. Mit meinen seinerzeit neun Jahren habe ich mich natürlich nicht so speziell damit befaßt,aber hab dennoch soviel aufgeschnappt,um zu wissen,was überhaupt an sich passiert ist.
Irgendwann hab ich die Diskussion,ob Grams jetzt Selbstmord begangen hat oder von einer Polizeikugel getroffen wurde,für mich so gelöst,daß er und der verstorbene GSG 9-Polizist sich dann halt eben gegenseitig umgenietet haben.
Ist mir wieder eingefallen,weil die Droste-Satire eine ähnliche Version liefert.
__________________ Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist das nicht das Ende!
(Verfasser unbekannt)
|
|
07.10.2008 00:03 |
|
|
Mulciber
The horror! The horror!
Dabei seit: 17.06.2006
|
|
Zitat: |
Original von Striga Jawbreaker
Irgendwann hab ich die Diskussion,ob Grams jetzt Selbstmord begangen hat oder von einer Polizeikugel getroffen wurde,für mich so gelöst,daß er und der verstorbene GSG 9-Polizist sich dann halt eben gegenseitig umgenietet haben. |
Ich finde so sollte man mit allen geschichtlichten und politischen Themen umgehen,
einfach sich überlegen, welche Version für alle Seiten die netteste wäre.
__________________ "Imaginarium des Intellektuellen: Abmagern ist der naive Akt des Intelligent-sein-Wollens."
(Roland Barthes)
|
|
07.10.2008 00:07 |
|
|
|
Zitat: |
Original von Striga Jawbreaker
zu 1)
Käme da nicht auch sowas wie Unterlassen ins Spiel? Unterlassene Hilfeleistung oder so? Bin da nicht so ganz bewandert.
|
Das ist grundsätzlich richtig. Allerdings verstehe ich jeden, der sich durch eben dieses Unterlassen jene in seinen Augen lästigen Schmeißfliegen vom Leib schaffen wollte.
Ich hab das ja 1977 alles ganz gut mitgekriegt, ich war da in der ersten Klasse. Man kann wirklich sagen, daß die RAF in der Bevölkerung als sowas wie eine Art Krebsgeschwür wahrgenommen wurde, das es im Idealfall zu vernichten galt, weil man deren Aktionen für vollkommen inakzeptabel befand. Da wäre gar kein Platz für Gedanken gewesen, ob man nun den Selbstmord dieser Leute hätte verhindern können.
So Forderungen der Art "Freiheit für die politischen Gefangenen" etc. sind erst später aus der linken Ecke in die Öffentlichkeit getragen worden, womit eine eingeschränkte Diskussion über das Warum in Gang kam. Da sich die RAF mit ihren ultimativen Taten aber selbst derart ins Abseits gestellt hatte, war eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihr gar nicht möglich und auch nicht wirklich sinnvoll, weil es gar kein Ergebnis hätte geben können.
|
|
07.10.2008 08:24 |
|
|
Pagan
[ vivere militare est ]
Dabei seit: 02.12.2004
|
|
Zitat: |
Original von GrafKrolock
Man kann wirklich sagen, daß die RAF in der Bevölkerung als sowas wie eine Art Krebsgeschwür wahrgenommen wurde, das es im Idealfall zu vernichten galt, weil man deren Aktionen für vollkommen inakzeptabel befand. |
Das kommt auf den Teil der Bevölkerung an bzw. Dein Umfeld.
Ich kenne es eher so: Sachschaden um "am Tor zu rütteln" wurde akzeptiert. Totes Humankapital dagegen nicht ...
__________________ .SUBAGE [Postpunk Wave Indie] @ facebook
SUBAGE @ bandcamp
|
|
07.10.2008 09:48 |
|
|
|
Derlei "Sachaktionen" wurden aber vollkommen durch Entführungsfälle, Morde und Flugzeugentführungen (die ich mal dem RAF-Kontext zuordne) überdeckt.
Aber selbst wenn nicht: Ist es irgendwas "aufrüttelndes", wenn man ein Kaufhaus anzündet? Jeder Hirnlose kann das, das hat nichts mit Politik zu tun.
Viel wirkungsvoller wäre gewesen, hätte man die Medienmacht genutzt, um Altnazis oder ähnliche Mißstände aufzudecken. Aber offenbar war das zu dem Zeitpunkt schon gar nicht mehr das Ziel der Terroristen. Sie wollten doch ganz klar die "Revolution".
|
|
07.10.2008 09:52 |
|
|
Pagan
[ vivere militare est ]
Dabei seit: 02.12.2004
|
|
Wirklich zu komplex für ein Forum.
Du musst die Stimmung der damaligen Zeit mit einbeziehen.
Kuba, Vietnam, DKP, DDR, Antiimperialismus, Antikapitalismus, Studentenbewegung, Frauenbewegung ... da ging was. Da bröckelte was am System und das wollte man forcieren.
Ich verteidige hier sicherlich nicht die damalige Linke, aber sie als hirnloses Geschmeiss anzusehen finde ich unakzeptabel.
Damals bekam man den Arsch hoch. Was macht der heutige deutsche Michel? Nichts. In Frankreich stellen sich die Bauern oder z.B. LKW-Fahrer auf die Strasse, etc ... wenn was nicht passt.
In Deutschland warten sie auf die Genehmigung dafür ... *Lach*
Bundesvieh.
__________________ .SUBAGE [Postpunk Wave Indie] @ facebook
SUBAGE @ bandcamp
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Pagan: 07.10.2008 10:21.
|
|
07.10.2008 10:18 |
|
|
|
Ich kenne die Raf zwar nur aus dem Geschichtsbuch, aber einige Kenntnisse dürfen vorhanden sein. Man muss die damalige Gesellschaft sehen. Die Brd der 70er war viel autoritärer, natürlich nicht überall, aber im Gesamtbild.
Man konnte als Student von der Uni fliegen wenn man sich nicht angepasst genug verhielt (durch "rausprüfen"), die Mitarbeit in politischen Gruppen konnte einem die Zukunft versauen (Radikalenerlass, ist übrigens noch gültig), ehemalige Nazis waren aktive Politiker, die Polizei war ausgebildet erst zu prügeln und dann Fragen zu stellen. Nicht zu vergessen Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke. Deren Mörder bzw. Angreifer wurden sehr nachlässig verfolgt. Der Staat ließ die Linken spüren, dass es ihm nicht leidtat wenn einer von ihnen erschossen wird. Wenn man jung war und nicht konservativ, wehte einem damals ein eiskalter Wind entgegen. Ob radikal oder nicht, es war nicht lustig in dieser Zeit jung zu sein. Es war ein Staat, der deutlich machte dass nicht mit ihm zu reden ist. Es gab auch keine Partei die die Interessen der Jungend vertrat, Spd und Cdu waren in Koalition und verabschiedeten die Notstandsgesetze. So gründete man die Apo.
Das Ganze war aber keine "neofaschistische Politik". In ganz Europa hatten die Regierungen große Angst vor einem kommunistischen Putchversuch. Jegliche linke Aktivität war verdächtig. Dahinter standen die Amerikaner, man befand sich schließlich mitten im kalten Krieg !
Die Raf ging aus den radikalsten der radikalen Studentenbewegungen hervor. Ihre Idelogie war hochkomplex und paranoid. Es gibt Textbände mit Raf-Texten. Insbesondere die Bekennerschreiben lassen tief blicken. Da wurden haarsträubende Theorien aufgestellt. Teilweise wurden Anschläge in Beziehung zu Angriffen in Vietnam gestellt und damit begründet. Die Raf meinte eine deutsche Regierung zu bekämpfen, die direkt von den Amerikanern kontrolliert würde und diese seien wiederum selbstverständlich Faschisten, was sich dadurch zeige, dass sie Altnazis tolerierten.
Ich will bestreiten dass die Raf in der gesamten Bevölkerung verhasst war. Bei den Konservativen auf jeden Fall, im damals sehr großen linken Milleu aber keinesfalls. Allerdings wandelte sich das auch mit der Zeit. Wie Pagan bereits schrieb, waren Sachbeschädigungen durchaus anerkannt. Die Morde waren hochumstritten. Die Raf konnte über Jahre auf eine Unterstützerszene bauen, die Leute versteckte, andere Dienste übernahm, und vor allem nicht mit der Polizei kooperierte. Diese Sympathisanten wurden aber deutlich weniger, als die Raf anfing "kleine Leute" wie amerikanische Soldaten und Polizisten zu töten. Wir reden über immherin 20 Jahre und drei Generationen. Generation 1 dürfte noch Unterstützung erfahren haben, 2 bereits deutlich weniger und 3, hier sind wir schon in den 90ern, so gut wie keine mehr.
Man könnte noch viel schreiben. Was aber auf jeden noch gesagt werden muss, ist dass die Raf und ihre Entstehungsgeschichte hochkomplex ist und Pauschalurteile wie "das war ein Krebsgeschwür"/"die Bonner Republik war ein neofaschistischer Staat" grundlegend falsch sind. Für beides lässt sich argumentieren, keines lässt sich beweisen. Ich denke, ein Staat der zuschaut wie Menschen ermordet und verletzt werden (Ohnesorg, Polizeieinsätze bei Demos) ist keine Demokratie. Daraus aber den Schluss zu ziehen, man dürfe die Repräsentanten dieses Staates ermorden ist kein Freiheitskampf sondern Terror. In den 70ern traf ein repressiver Staat auf Radikale. Keine Seite kam auch nur auf die Idee mit der anderen in Dialog zu treten. Das kann nicht gutgehen und das ging auch nicht gut.
Das einzig positive ist, dass wir heute in einem Deutschland leben das aus der Raf-Zeit gelernt hat. Selbst Bayern stellt heute keine Regelanfrage mehr bei Anwärtern für den Staatsdienst, und der Radikalenerlass wird nicht nur bei Linksextremen sondern auch bei Neonazis angewandt. Die Polizei prügelt auch nicht mehr so arg bei Demos. Selbst die heutige Cdu dürfte dialogbereiter sein als damals die Spd, immerhin wurde eine Frau aus dem Osten Kanzlerin.
|
|
07.10.2008 15:00 |
|
|
|
Es hat sich seit den 70ern viel verändert, aber auch schon in den 70ern selbst. Denkt an die Abschaffung der Straftatbestände Kuppelei und Homosexualität. Schließlich gab es mit Willi Brandt einen Bundeskanzler, der erstmals eine Regierung ohne Beteiligung der CDU geführt hat.
Allerdings ist die Frage, wie groß das bekennendermaßen linke Miliieu (traditionelle Sozialdemokraten zähle ich mal nicht dazu, weil die doch eher kleinbürgerlich-konservativem, keinesfalls aber revulutionärem Gedankengut anhingen) wirklich war, über die ganze Bevölkerung gesehen. Meiner Einschätzung nach ungefähr wie heute das Wählerpotential der Grünen: Etwa ein Drittel unter der Studentenschaft, ca. 10% insgesamt.
Soweit ich das damals mitbekommen habe - in der Anfangszeit war ich zu klein, ich kann nur vom "Deutschen Herbst" sprechen - waren in der bürgerlichen Mittelschicht Sympathien für den RAF-Laden tabu.
Es scheint mir auch nicht gerade so zu sein, daß die Ereignisse um Ohnesorg oder Dutschke zu der Zeit noch eine große Rolle gespielt haben. Dazu war 68 schon zu lange vorbei, immerhin fast zehn Jahre. Gegen 1977 kamen längst so Dinger wie Punk auf, die den Bürger mental weit mehr beschäftigten, als Wasserwerfereinsätze anno 1968.
|
|
07.10.2008 15:22 |
|
|
|
|
|
Impressum
|